Interview mit Equilibrium – Game Boys, Brüste und Haustierdrachen

Über Jahre hinweg waren Equilibrium, die sympathische Epic Metal-Crew aus Bayern, Deutschlands größter Geheimtipp. Und obwohl sie selten Headliner-Shows spielen, weiß jeder, dass Tracks wie „Met“, „Blut Im Auge“ oder „Heimwärts“ die Halle derart zum Kochen bringen, dass so mancher Hauptact dagegen blass aussieht. Trotz einigen Schwankungen im Line Up ist die Pagan Band um Songwriter René Berthiaume nun jedoch längst in die Oberliga aufgestiegen und liefert am 6. Juni mit ihrem neuen Epos „Erdentempel“ wie erwartet eins der besten Alben der Szene ab. Wir sprachen mit René über seine Liebe zu Game Boys, „skandalöse“ Brustfotos und darüber, was er mit einem kleinen privaten Drachen anstellen würde.
Anne: Hallo René, schön, mal wieder mit dir zu reden. Wie läuft’s bei euch, seid ihr schon im Stress wegen dem anstehenden Release eures Albums?
René Berthiaume: Soweit ist alles gut. Da das Album ja fertiggestellt ist, wurde die Hauptarbeit schon erledigt, aber wie du vielleicht mitbekommen hast, haben uns zwei Leute aus der Band verlassen und jetzt auf die Schnelle neue Musiker zu finden, ist natürlich ziemlich viel Extra-Arbeit.
Glaube ich… Habt ihr denn schon Ideen, wer eure langjährigen Mitglieder Andi [Gitarre] und Sandra [Bass] künftig ersetzen soll?

Jein, langsam haben wir eine etwas engere Auswahl an Leuten, die in Frage kommen, müssen aber mal schauen wer am besten passt, denn ich bin ja schon ein Fan von einer festen Bandbesetzung und keinen Gastmusikern… Die Chemie muss schließlich stimmen.
Es ging ja auch erschreckend schnell damals und scheinbar wusstet ihr selbst gar nicht, dass Sandra und Andi planen auszusteigen.
Ja, ganz genau, es war für uns eine böse Überraschung… Wir haben zwar schon damit gerechnet, dass Sandra eines Tages, vielleicht mal in zwei Jahren, ein Päuschen einlegt und Kinder kriegt, aber dass es so plötzlich passieren würde und dann auch noch mit zwei Mitgliedern gleichzeitig, das war schon ein Schock. Aber wir machen das Beste daraus…
Vor ein paar Jahren hat es ja auch geklappt, als euer Sänger Helge das Handtuch warf und der Schlagzeuger gleich dazu…
Eben, das war ja noch ein komplizierterer Wechsel, weil es schließlich um den Frontmann ging, aber wenn wir das geschafft haben, wird es diesmal auch klappen!
Will ich hoffen! Mal zu eurem neuen Album und seinem Titel – was ist denn eigentlich ein „Erdentempel“?
Der Titel ist eine Anlehnung an den Song „Waldschrein“, den wir ja letztes Jahr schon veröffentlicht haben. Man kann es als tatsächlichen Ort betrachten, aber auch als spirituelle Metapher. Wie ich auf den Namen gekommen bin, war durch die Tatsache, dass ich jahrelang in der Großstadt gewohnt habe – Häuser, Autos, nervige Menschen, jeder rennt irgendwelchen Problemchen hinterher, die eigentlich gar keine sind – und sich dieses ganze Chaos langsam auf mich übertragen hat. Und sobald man dann mal wieder raus aus der Stadt gekommen ist, schwenken die Gedanken um und man sieht Dinge aus einer ganz anderen Sicht, all das hilft mir enorm. Das ist für mich dieser „Erdentempel“, ein Platz in der Natur aus der wir alle herkommen. Zugegeben, ich bin großer Fan von Fortschritt und Technik, aber ich finde wichtig, dass man den Bezug zur Natur nicht verliert.
Es wundert mich auch zur hören, dass du sagst, du lebst direkt in der Innenstadt von München. Denn bei deiner Musik hat man immer den Eindruck, du säßest in einer kleinen Hütte am Waldrand und würdest dort in aller Ruhe Songs schreiben.
Mittlerweile hat es sich ja geändert, aber bis vor zwei Jahren war ich noch in München. Jetzt wohne ich… naja, nicht direkt in einer Holzhütte (lacht)… aber sehr dörflich, umgeben von Wäldern, genau so, wie ich es mir nach München gewünscht hätte. Das tat dem Album ganz gut, weil ich einen großen Teil davon wirklich hier draußen geschrieben habe und man einfach diese Ruhe hier hat – und nicht ständig draußen die Tram vorbei fährt!!
Gibt es denn Orte in der Natur, die du – vielleicht gerade unten im Süden Deutschlands bei dir – empfehlen könntest und die nicht in jedem Reiseführer stehen, man aber mal gesehen haben müsste?

Ja, da gibt es schon einige, gerade als ich noch in der Großstadt wohnte, habe ich viel recherchiert… aber das ist auch oft nicht das Wahre, denn wenn etwas im Internet zu finden ist, tummeln sich genügend andere Leute dort und es ist voll von Zigarettengestank, Sonnencremegerüchen, und so weiter! Aber ich habe letztendlich doch ein paar Plätze gefunden, an denen man ungestört ist, sei es in irgendwelchen Mooren, an kleinen versteckten Seen, man muss es nur selbst für sich entdecken.
Wenn du dir ein total obskures Merchandise-Objekt für Equilibrium wünschen könntest, was wäre das? Nachdem es ja Motörhead-Skier schon gibt oder Amorphis-Grillsaucen… was passt deiner Meinung nach zu eurer Band und jetzt sag nicht Met!
(lacht) Das mit dem Met hatten wir früher tatsächlich mal überlegt, aber das wäre etwas kompliziert geworden, weil man dafür irgendwelche Auflagen im Ernährungsbereich erfüllen muss. Aber wenn du mich so fragst… dann vielleicht einen Equilibrium Game Boy! Wir sind ja alle große Zocker und das wäre mal eine nette Sache! Nicht so ein modernes Ding wie ein iPhone, sondern ein richtiger Old School Game Boy!
Würde ich sofort kaufen! Ihr habt zur Abwechslung ja mal sehr viele cleane Vocals auf dem neuen Album, wie kamen die denn zustande? Ist das Robse oder habt ihr euch dafür Gastsänger geholt?
Ja, das stimmt, wir haben vermehrt melodischen Gesang – zum Teil habe ich den einfach eingesungen, einige Chorpassagen haben wir dann aber zusammen gemacht, also unser Sänger Robse und ich. Es gibt auch noch eine andere Stelle, die ist allerdings nur ein kurzes Geschrei, aber da kam der Bruder meiner Freundin vorbei und wir dachten „Ach komm, schrei doch da mal kurz rein!“, weil er einen bayerischen Dialekt hat, den Robse – der ja aus Frankfurt an der Oder kommt – so nicht hinbekommen hätte.
Robses kleine Tochter war ja stimmlich auch dabei, richtig?
Ganz genau, bei „Apokalypse“ ganz am Ende hat sie eine Sprechrolle! Wir haben das diesmal auch alles ganz gemütlich gemacht mit den Gesangsaufnahmen, wir haben viel herumexperimentiert, gerade mit Robses Stimme, wie sie mal höher, mal tiefer klingt, mal leicht gesprochen, je nachdem was zu dem Song passte – und so kamen wir auf den Gedanken, dass bei dem Track sehr gut stimmlich ein kleines Mädchen dazu passen würde. Und da Robse ja schon ein kleines Mädchen äh… hergestellt hat (lacht), passte das wunderbar!
Apropos Mädchen, auf eurer Facebookseite gab es die letzten Tage ja eine regelrechte Schlammschlacht, wegen diesem tollen Bild, das du gepostet hast, das dich mit Kopfhörern zeigt, wie du das neue Album hörst und hinter dir steht eine heiße Dame, die einen recht freizügigen Einblick gewährt.

Jaja, das war… interessant zu sehen. Eigentlich sind wir ja eine neutrale Band und wollten mit dem Bild gar nichts Besonderes zum Ausdruck bringen, aber das war ja das Erstaunliche, dass plötzlich viele da ein Statement hineininterpretiert haben. Eigentlich war es nur so, dass ich morgens mit meiner Freundin shoppen war und wir dieses Oberteil sahen, auf dem „Epic Weekend“ stand. Und wir dachten, das passt ja prima zu Equilibrium. Das Foto entstand auch ganz spontan, aber es war wirklich interessant, was da einige – besonders Mädels – hineininterpretiert haben und dass sie dachten, das sei eine Beleidigung. Auch ein paar Jungs kamen dann mit der Theorie, dass ich lieber Musik höre, als zu dem Mädel herüber zu schauen, lauter solche Sachen, an die wir überhaupt nicht gedacht haben! Außerdem sieht man bei anderen Bands doch chronisch nackte Leute, sei es bei Cradle Of Filth, Debauchery oder ähnlichem, deswegen hat es mich wirklich erstaunt, dass es einen solchen Shitstorm gab, aber naja.
Bleiben wir mal bei den nackten Leuten – wenn ihr auf Tour seid, wer von euch braucht denn am längsten in der Dusche?
Das ist einfach: Der Robse! Was der alles in seinem Kulturbeutel dabei hat! Meist ist er der Erste, der unter der Dusche verschwindet und auch der Letzte, der wieder herauskommt (lacht) Früher brauchte er aber sogar noch länger, weil er regelmäßig seine Haare gefärbt hat – dafür muss man ihm lassen, dass er der ist, der in der Band am längsten wohlriechend duftet!
Nun musstet ihr ja bereits zwei Konzerte absagen, weil ihr auf die Schnelle keine neuen Musiker gefunden habt – die Sommerfestivals sind aber dennoch sicher? Und gibt es im Herbst endlich mal eine Headlinertour von euch?
Das nächste Konzert ist ja erst im Juni, also haben wir noch den ganzen Mai, um uns vorzubereiten. Und da es bereits ein paar Anwärter gibt, sollte das kein Problem sein. Im Oktober ist dann auch eine Tour geplant, zu der bald die ersten Daten bekannt gegeben werden. Bisher waren wir ja immer Teil des Heidenfest oder Paganfest, aber nun ist doch mal eine Headlinertour geplant, weil viele Leute sich beschwert haben, dass wir immer nur so kurz spielen konnten. Jetzt wollen wir mal ein eigenes Package mit ein paar wenigen Bands machen, nach 13 Jahren wird es auch langsam mal Zeit! (lacht)

Das wird sich auf jeden Fall lohnen, glaube ich, letztes Jahr beim Heidenfest in Hamburg schien ein Großteil der Besucher nur für euch da gewesen zu sein, denn nach eurem Set leerte sich plötzlich die Halle… Dann freue ich mich mal auf Herbst! So René, letzte Frage: Ich weiß, obwohl ihr sehr in der epischen Ecke verankert seid, gibt es bei eurer Musik keine Drachen, dennoch: Wenn man dir heute einen Drachen schenkt, was würdest du damit reißen?
Wir haben unten so eine Heizung, die muss man allerdings mit Holz anfeuern und es dauert immer ewig, bis die warm wird… Den würde ich mit runter nehmen, ihn hinsetzen und sagen „So, mach Feuer, damit’s schön warm ist oben!“

Da habt ihr’s, Equilibrium denken praktisch (und versklaven gelegentlich Drachen)! Bevor sie jedoch diesen Sommer mit ihrem potenziellen Flattermann über die Festivals reiten, gibt es ab dem 6. Juni ihr neues Album „Erdentempel“ im Handel über Nuclear Blast. Besten Dank an René und seine epische Crew!

Interview: Anne Catherine Swallow

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