Ektomorf – Aggression over Europe Tour 2016
Donnerstag, 03.11.2016 München, Backstage Halle
Support: Arise in Chaos, Hot Beaver, Hemlock
Es gibt nichts Schöneres als einen tristen Donnerstag-Abend mit einer fetten Metal-Party ausklingen zu lassen und beim Bangen den Stress des Arbeitstages in Luft aufzulösen. Und so waren am 03.11.2016 dem Ruf von Ektomorf wieder zahlreiche Fans gefolgt, um unseren Lieblingsclub, das Münchner Backstage, in seine Einzelteile zu zerlegen.
Doch der Abend brauchte eine gewisse Anlaufzeit, um richtig in Schwung zu kommen. Arise in Chaos standen schon gegen ca. 19:15 Uhr auf der Bühne und zwar nicht um einen Soundcheck zu machen, sondern sie waren schon mitten im Set, wenn man gegen 19:30 Uhr eintraf. Eine Unsitte ,welche in letzter Zeit bei anderen Konzerten schon öfter vorkam. Durch den frühen Beginn hielt sich auch die Anzahl der Besucher in Grenzen und vor der Bühne lungerten nur zwei Gestalten herum, welche sich zeitig für den Headliner warmliefen, der Rest frequentierte lieber die Bar und beobachtete das Geschehen aus sicherer Entfernung. Und so spielten sich Arise in Chaos zwar den Arsch ab, doch Stimmung wollte absolut nicht aufkommen. Die Jungs ließen sich davon nicht beirren und knüppelten sich gnadenlos durch ihr grooviges Set. Respekt!
Fast genau ein Jahr war es her, dass Hot Beaver an gleicher Stelle zusammen mit Ektomorf spielten und zwar am 27.11.2015. Damals rockten die Ungarn die Backstage Halle und waren der absolute Geheimtipp des Abends. Umso größer waren die Erwartungen an das Quartett an diesem Donnerstag. Während der damalige Sänger Bence Lőcsei mit seiner markanten Röhre und seiner charismatischen Ausstrahlung den Stoner Rock der Band dreckig und erdig in die Halle rotzte, war der Sound mit Sänger Makács Zoltán mehr als ernüchternd. Stimmlich konnte er seinem Vorgänger nicht das Wasser reichen und so wandelte sich der Geheimtipp aus dem Vorjahr in eine Band, welche zwar einen guten Auftritt lieferte, aber keinen bleibenden Eindruck hinterließ. Einzig Horváth „Sexy“ Gábor mit seinem beleuchteten Bass gab der Truppe ein gewisses Etwas. Drummer Attila feierte an diesem Abend Geburtstag und Hemlock sprangen, nur in Unterhosen bekleidet, auf die Bühne und brachten ihm zusammen mit seinen Bandkollegen ein Ständchen. Trotz dieser lustigen Einlage gab die Bar auch weiterhin mehr her, als die Auftritte auf der Bühne. Schade, denn Hot Beaver haben Potential.
Doch das Stimmungstief sollte sich mit Hemlock schlagartig in ein Hoch verwandeln. Die Halle war mittlerweile gut gefüllt, als die Frohnaturen aus Las Vegas vom ersten Moment an wie wild über die Bühne tobten und immer mehr Headbanger vor die Bühne zogen. Diese ließen sich nicht lange bitten und die Matten flogen. Auf und vor der Bühne wurde jetzt wild gesprungen und jeder ließ seiner aufgestauten Energie freien Lauf. Frontmann und Bassist Chad Smith growlte aus tiefster Seele und schnitt dabei lustige Grimassen und zog dermaßen heftig an seinen langen Dreads, dass man diese schon durch die Halle fliegen sah. Die Gitarristen Jezy Ward und James Gabler unterstützten mit cleanen Vocals die Röhre von Chad und gaben dem Sound den letzten Schliff. Druckvoll, groovig und doch melodisch pflügten sie durch ihr Set und mit ihren unglaublichen Sprungeinlagen boten sie beste Unterhaltung. Die witzigen Amis wurden mit viel Applaus verabschiedet und versprachen 2017 München wieder zu rocken.
Jetzt hieß es noch einmal kurz Luft holen, den Flüssigkeitsverlust auszugleichen um für den Headliner gewappnet zu sein. Ektomorf haben sich über die Jahre eine treue Fangemeinde erspielt und dies zeigte sich auch wieder in München. Als Zoltán „Zoli“ Farkas und seine Jungs die Bühne betraten, gab es kein Halten mehr. Rampensau und Frontröhre „Zoli“ hat nichts von seiner Aggressivität verloren und schreit mit seinen mittlerweilen 41 Jahren, immer noch seine Wut in die Welt hinaus. Und die Fans dankten es ihm mit wilden Moshpits, Circle Pits und rotierenden Nackenmuskeln. Die Ungarn feuerten aus allen Rohren und verlangten ihren Anhängern alles ab und „Zoli“ bedankte sich dazwischen immer wieder mit einem schelmischen Grinsen bei den Fans. „Fuck You All“, „Evil By Nature“, „Holocaust“ oder „Outcast“ hämmerten brachial aus den Boxen und ließen die Schädelschwinger steil gehen. Doch nicht nur vor der Bühne wurde wild gebangt und gemosht, sondern auch auf der Bühne ging es rund. Und selbst unser Freund und Tourfotograf von Ektomorf, Gorka ArmagedonMf Rodrigo, konnte sich der Energie der Band nicht entziehen und mit der Nikon in der Hand sah man ihn zwischen den Fans headbangen. Auf der Bühne, hinter „Zoli“, mutierte er wieder zum Vollprofi und bewegte keinen Muskel um die perfekten Fotos zu schießen. Die coole Sau hat’s einfach drauf. Überzeugen kann man sich davon auf seiner Facebookseite. Ektomorf holten an diesem Abend wieder das Letzte aus sich und ihren Fans heraus und stellten klar, dass sie live eine absolute Macht sind. Und so entschwanden die verschwitzten und erschöpften Fans, nach einem mehr als fetten Gig, mit einem riesigen Grinsen im Gesicht in die eiskalte Münchner Nacht.
Ektomorf haben auch nach mehr als zwanzig Jahren nichts von ihrer Aggressivität und Präsenz verloren. Wer der Meinung ist, die Band hätte ihren Horizont schon lange überschritten, der sollte seinen Arsch auf einen Livegig bewegen und sich vom Gegenteil überzeugen. Wo Wut drauf steht, ist immer noch Ektomorf drin.
Text: Sandra Baumgartl