CHRIS STAPLETON in München – Zottelige Gesellen, Rauschebärte und begnadete Stimmen

Chris Stapleton – Traveller Tour 2016 – live in München
Dienstag, 15.03.2016, Technikum
Support: Gabriel Kelley

Dieser Dienstag, der 15.03.2016 war ein kalter und ungemütlicher Abend. Den ganzen Tag fiel im Umland von München Schnee und sorgte teilweise für massive Verkehrsbehinderungen. Doch dies hielt die zahlreichen Fans nicht ab, dem Ruf der wohl laut Joseph Hudak vom „Rolling Stone Country“ größten und unglaublichsten Country-Stimme aller Zeiten zu folgen – CHRIS STAPLETON. Aus allen Ecken strömten die Country-Fans, welche man unschwer an den auf den Köpfen sitzenden Stetsons erkennen konnte, zum Eingang des Technikums in München.

Schon kurz nach Einlass standen die Fans dicht gedrängt vor der Bühne und mit jeder Minute des Wartens stieg nicht nur die spürbare Spannung im Raum Richtung Siedepunkt, sondern auch die Temperatur. Das „Publikum in den besten Jahren“ wartete geduldig in der ausverkauften Halle auf den Beginn des Konzerts, doch ca. 20:20 Uhr machten die ersten Gäste ihrem Unmut mit Pfiffen Luft, denn auf der kleinen Bühne standen verwaist ein Hocker, Drumset, Mikros und in der Ecke verschiedenste Gitarren, ohne das ein Musiker diesen Instrumenten einen Ton entlockte.
Konzertbeginn sollte um 20:00 Uhr sein, fragende Blicke in alle Richtungen, als endlich ein bärtiger und zotteliger Geselle mit Hut und Gitarre die Bühne betrat. Er zupfte ein paar Akkorde auf der Klampfe und ließ seine Mundharmonika erklingen, um dann endgültig mit seiner Stimme die sprichwörtliche „Katze aus dem Sack“ zu lassen. Rau und doch sanft, dann wieder kraftvoll und bittersüß sorgte er für erste Gänsehautschauer.

Einige Fans fragten, ob dies schon Chris Stapleton sei, doch der Rauschebart stellte klar, dass sein Name Gabriel Kelley sei und er völlig aus dem Häuschen wäre, dass er in Deutschland für den Superstar eröffnen dürfe. Kelley bezeichnete sich selbst als Folksinger und Songwriter und mit seinem Album “Lighter Shades of Blue” im Gepäck tourt er nach den drei Auftritten in Deutschland weiter durch Schweden. Zwischen den Songs gab er kleine Anekdoten, gespickt mit viel Witz und Charme zum Besten und hatte die Lacher auf seiner Seite. So war es auch nicht verwunderlich, dass Gabriel, nach einem leider viel zu kurzem Set, mit einem tosenden Applaus verabschiedet wurde.

Noch einmal wurde auf der Bühne herumgewerkelt, die Gitarren von rechts nach links geschleppt, auf Zeit gespielt. Wieder wurden Pfiffe laut, als dann endlich gegen 22:00 Uhr das Ehepaar Chris und Morgane im Scheinwerferlicht erschienen. Beide lässig in Jeans gekleidet, Chris mit Stetson auf der langen Wallemähne und Rübezahlbart – hier schrie die Optik nicht „Superstar“ sondern eher „netter Typ zum Biertrinken von nebenan“.

Unterstützung bekamen die beiden von einem Drummer und einem Bassisten, welche sich dezent im Hintergrund hielten. Morgane ist nicht nur die Ehefrau von Chris, sondern auch, wie er selbst immer wieder betont, seine Muse. Ihr harmonisches Zusammenspiel auf der Bühne war herzerweichend. Kleine Gesten, ein scheuer Blick, der mehr sagte als tausend Worte und dazu diese unvergleichliche Stimme, welche einen gnadenlos in den Bann zog… fast schon zu schön, um wahr zu sein, aber nicht so übertrieben um in Kitsch abzudriften.

Sein hochgelobtes Album „Traveller“ bestimmte die Setlist, seine Anhänger wiegten sich im Takt und lauschten verzückt Songs wie „Fire Away“, „Whiskey And You“ oder „Parachute“. Als der Titelsong „Traveller“ erklang, stand ein bestens aufgelegter Gabriel Kelley auf der Galerie zwischen den Fans, outete sich als Selbiger und brummte mit seiner tiefen Stimme jede Silbe des Songs vor sich hin. Morgane unterstützte mit ihrer hellen Stimmfarbe nicht nur die Songs ihres Mannes hervorragend, sondern konnte mit dem Coversong „You Are My Sunshine“ dann auch noch zeigen, was wirklich in ihr steckte.

CHRIS STAPLETON ist ein begnadeter Singer und Songwriter ohne Starallüren, sieht man von der Unpünktlichkeit einmal ab. Mit seinem ganz eigenen Look, seiner zurückhaltenden Lässigkeit, seinen triefgründigen Texten und vor allem seiner außergewöhnlichen Stimme trifft er den Nerv seiner Fans. Wir sind gespannt, was uns als nächstes von diesem Ausnahmekünstler erwartet.

Text+Fotos: Sandra Baumgartl

 

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