BLACK VEIL BRIDES Interview – Sozialer Einsatz, Actionfiguren und etwas andere Möpse

Ob verhasst oder vergöttert, die BLACK VEIL BRIDES sollten mittlerweile jedem ein Begriff sein, denn die düsteren Rockherren aus Kalifornien verkauften allein in der ersten Woche nach dem Release ihres aktuellen selbstbetitelten Albums 30.000 Exemplare in den USA. Kaum ein amerikanischer Teenager, der auf härtere Musikrichtungen steht, hat kein Poster von ihnen an der Wand und längst schwappte der Kult um Andy Biersack und seine „Bräute“ auch über den Atlantik. Deshalb war die Hamburger Markthalle am 27. März auch so vollgestopft, dass das schwarze Make Up nur so dahinfloss, als die BLACK VEIL BRIDES sich von ihren deutschen Fans bejubeln ließen und mit ihren Kollegen von Like A Storm und Fearless Vampire Killers einen Hard Rock Abend der Extraklasse auf die Beine stellten. Vor der Show ging uns jedoch noch Drummer Christian „CC“ Coma ins Netz:
Hi CC! Zuallererst muss ich sagen, dass ich noch nie eine so lange Schlange vor der Hamburger Markthalle gesehen habe, schon vier Stunden vor Einlass war die ganze Straße überfüllt…

Ja, unsere Fans sind unglaublich, ihre Hingabe ist so groß, wie die keiner anderen Band. Viele kommen schon um sechs Uhr morgens oder übernachten vor der Halle, während wir eigentlich noch in einer ganz anderen Stadt sitzen. Aber ich werde mich sicher nicht darüber beschweren! (lacht)
Viele eurer jüngeren Fans berichten, dass eure Konzerte einen kathartischen Effekt auf sie haben und sie sich danach wie neu geboren fühlen. Ging es dir selbst früher auch so, dass du nur von Konzert zu Konzert deiner Lieblingsband lebtest? Und lässt dieser Effekt nach, wenn man älter wird?
Natürlich ging es mir früher genauso und es ist toll, jetzt auf der anderen Seite davon zu stehen. Das war schon immer mein Traum, aber als Teenager wusste ich nicht, ob ich es jemals so weit bringen würde,, meine eigene Band zu haben. Aber ich erkenne mich in unseren Fans wieder und etwas ging mir neulich besonders nah: Wir spielten in Pomona, Kalifornien, und als ich von der Bühne herunterkam, sah ich einen Typen, der wie wild zitterte und ich fragte ihn, was los sei, er meinte nur: „Mann, du bist mein Lieblingsdrummer und ich hatte mal einen Stick gefangen, den ich heute von dir signieren lassen wollte, aber jemand hat ihn mir geklaut…“, also drückte ich ihm einfach die in die Hand, mit denen ich gerade gespielt hatte und er flippte völlig aus vor Freude. Aber ich konnte es total nachvollziehen, denn ich bin früher genauso gewesen und ich bin es heute noch, wenn ich meine Lieblingsstars sehe – da schwärme ich auch über jede einzelne Sekunde, die ich mit ihnen verbringen kann.
Eure Hauptzielgruppe sind weibliche Teenager, doch gelegentlich sah ich draußen auch ältere Fans in der Schlange stehen – hast du auch schon erlebt, dass ein fünfzigjähriger Rocker auf dich zukam und dir gestanden hat, dass er ein riesiger Fan der Black Veil Brides ist?
Ja, natürlich, wir sehen durch die Reihe hinweg jeden. Manchmal auch harte Biker. Und natürlich viele Eltern, die ihre jüngeren Kinder zur Show begleiten und sich daran erinnern, wie sie selbst früher von ihrer Mutter zu KISS Shows gebracht wurden, deshalb scheint es, als würde die Konzertkultur zu einer großen Familie zusammenwachsen, die ihre Liebe zur Livemusik von Generation zu Generation weitergibt. Und letztendlich denke ich, dass diese Band für jede Altersgruppe etwas zu bieten hat: Andy ist der hübsche Kerl, in dessen Augen sich junge Mädchen verlieren, Ashley ist ein toller Performer, Jake und Jinx sind die talentiertesten Gitarristen und ich… ich bin eben der Jackass, der Blödsinn macht (lacht) Nein, aber ich schätze, dass viele sich in den einzelnen Mitgliedern der Band wiederfinden, das ist vermutlich der Grund, warum wir erfolgreich sind. Alter oder Herkunft der Fans wird da völlig unwichtig, denn für jeden ist etwas dabei.
Ihr engagiert euch auch häufig für Teenager, erst vor Kurzen unterstützte Andy das „Alive Music Project“ und das „It Gets Better“, um homo-, bi- und transsexuelle Jugendliche vor Vorurteilen und Angriffen zu schützen. War das ein Thema, über das du, deiner Meinung nach, in der Schule genug aufgeklärt wurdest oder besteht da noch großer Infomangel für heutige Teenager?

Um ehrlich zu sein, weiß ich es nicht mehr, weil ich in der Schule so wenig wie möglich aufgepasst habe… (lacht) Aber ich denke nicht, dass wir jemals groß darüber aufgeklärt wurden oder Denkanstöße in die Richtung bekamen und das ist schade, sodass wir in unserer Rolle als Musiker versuchen, die Aufmerksamkeit darauf zu lenken. Ich weiß, dass es noch ein sehr langer Weg sein wird, bis zu dem Punkt, an dem Homo-, Bi- oder Transsexualität als etwas Selbstverständliches angesehen wird. Es gibt einfach noch zu viele Menschen, die es nicht verstehen können und deshalb ein Problem damit haben und das ist schlimm. Ich selbst konnte das nie nachvollziehen, weil ich es immer für selbstverständlich hielt, dass jemand das tut, was er möchte, vorausgesetzt natürlich er schadet damit niemandem. Es gibt nicht einen sinnvollen Grund, weshalb man schlecht über Leute reden sollte, die eine andere sexuelle Orientierung haben, als man selbst oder anders aussehen oder einer anderen Religion angehören! Ich finde es wichtig, das Thema anzugehen und nicht totzuschweigen, denn viele schlimme Dinge in Amerika liegen noch nicht allzu lange zurück, wie Sklaverei oder Rassentrennung, und diese Ungerechtigkeiten konnten schließlich auch überwunden werden. Mittlerweile wurden Homo-Ehen in vielen US-Staaten legalisiert und diesen Weg müssen wir weiter gehen und dafür sorgen, dass die sinnlosen Vorurteile sich in Luft auflösen. Vorurteile wird es zwar immer geben, aber das sollte Leute nicht davon abhalten, sie selbst sein zu dürfen und glücklich zu werden. Und deshalb muss ein Dialog mit der Öffentlichkeit entstehen und wir wollten unsere Möglichkeiten nutzen, um so viele Leute zu erreichen, wie es nur geht.
Obwohl ihr keine religiöse Band seid und nicht gern in die Ecke geschoben werdet, finden sich in den meisten eurer Songs christliche Anspielungen oder Metaphern, warum?
Andy verfolgt beim Schreiben einfach eine kleine Besessenheit, ich weiß auch nicht warum. Aber er hat auch Jesus auf seinen Nacken tätowiert und obwohl er auf einer christlichen Schule war, gab er immer an, Atheist zu sein. Trotzdem scheint das Thema Religion ihn sehr zu faszinieren und deshalb textet er so viel darüber. Ich verstehe, dass Leute, die unsere Band nicht so gut kennen, davon ausgehen könnten, wir würden Christenrock spielen, aber das stimmt nicht, wir spielen gern mit dem Thema, aber sind selbst nicht religiös.
Habt ihr denn auch schon das komplette Gegenteil erlebt, dass – insbesondere in den überchristlichen Ecken der USA – Demonstranten aufkreuzten, die euch kurzerhand in die satanistische Ecke gepackt haben, weil sie euer Poster an den Wänden ihrer Kinder sahen und über euren „schwarzen Look“ beunruhigt waren?
Nein, glücklicherweise nicht. Ich sah mal einzelne Demonstranten mit Schildern bei einer Awardverleihung, die uns als Satanisten bezeichneten wegen unseres Aussehens, aber mal ehrlich… hier, schau dir mein Shirt an – ach nee, das ist das falsche…
...nein, es zeigt ein Ouijabord, daraus könnte ich jetzt kurzerhand schließen, dass du jeden Abend mit Geistern rumdiskutierst!

(lacht) Ja, genau. Aber ich wollte damit nur sagen, dass Fans uns ständig Kleider schenken oder Firmen uns sponsorn und mal bekommen wir Halsbänder mit Kruzifixen, mal eine Kette mit Pentagramm! Ich selbst sehe mich als Agnostiker und mein Vater wurde katholisch erzogen, aber mehr ist da auch nicht – und ein Satanist, der Babys und Hamster opfert bin ich auch nicht, haha! Mittlerweile malen wir uns ja nicht mehr so schwarz an, wie zum Anfang unserer Karriere, aber ich verstehe, wie jemand einen falschen Eindruck bekommen kann. Trotzdem hatten wir noch keine christlichen Eiferer vor unseren Konzerten und falls doch, haben sie es nicht besonders gut gemacht, denn ich habe nichts davon mitbekommen!
Kürzlich schriebst du in einem Tweet, dass die Black Veil Brides ihre eigene Reality Show bekommen sollten, so wie es bei euch auf Tour zugeht – dir ist klar, dass das nach Beispielanekdoten schreit?
Ja, wir sollten definitiv eine Show kriegen! (lacht) Wenn nicht die Band, dann wenigstens die Crew! Sieh sie dir an, wie sie noch brav in einer Reihe stehen, um sich gleich auf das Cateringbüffet zu stürzen! Mein Drumtech Steven und der Gitarrentechniker Chris arbeiten seit Ewigkeiten zusammen und streiten sich immer wie Brüder, dann brüllt unser Tourmanager Jon dazwischen und es ist einfach immer ein herrliches Chaos, wenn du so viele Leute zusammen in einen Tourbus quetschst und auf engstem Raum miteinander reisen lässt. Ich weiß gar nicht, wie viele wir sind… 14? 16? 2000? Ich schätze, mit 15 kommen wir gut hin…
Gelegentlich verliert ihr jemanden unterwegs und neue kommen dazu..?
Haha, genau. Kürzlich war noch meine Freundin für eine Woche mit uns gereist, aber an der Raststätte vergessen haben wir noch keinen. Wie vorhin schon gesagt, hat auch jedes Bandmitglied seine eigene Rolle und wenn wir dann aufeinanderklatschen, kann es gelegentlich sehr lustig werden.
Du scheinst ein klein wenig von Möpsen besessen zu sein, sehe ich das richtig? [Anm. d. Red.: Die kleinen Hunde, englisch „pugs“, nicht das was ihr schon wieder denkt…]
Oooh, nicht nur ein wenig! In jeder Stadt bekomme ich Mopsgeschenke! Ich liebe diese kleinen Racker einfach, sie sind so drollig und ich habe Einen Zuhause, der jetzt siebzehn Jahre alt ist! Früher hatte ich noch einen Zweiten, einen supersüßen Welpen, den meine Exfreundin mit geschenkt hat, aber als wir uns trennten, nahm sie ihn mit und er fehlt mir enorm! Ich weiß auch nicht genau, warum Möpse mich so faszinieren, sie sehen irgendwie aus wie kleine Aliens, schnarchen beim Schlafen und niesen dir auf die Füße… wie kann man sowas nicht lieben?
War ein Mops auch dein erstes Haustier als Kind oder musstest du dich wie die meisten mit einem Goldfisch zufrieden geben?
Es war auf jeden Fall ein Hund, ich bin ein totaler Hundemensch. Eigentlich liebe ich alle Tiere, Katzen sind auch geil, aber für mich geht nichts über einen Hund!
Mit „Legion Of The Black“ habt ihr euren eigenen Film zu euren Songs gedreht – könntet ihr euch vorstellen, einen Schritt weiter zu gehen und eine Rockoper für die Bühne zu schreiben, wie The Whos „Tommy“? Schließlich seid ihr eine sehr theatralische Band.
Klar. Gut, „Wretched And Divine“ war sehr eng mit „Legion Of The Black“ verbunden, es war ein Konzeptalbum, das einer klaren Story folgte und die Texte ließen sich eindeutig mit dem Film verknüpfen – deshalb wäre es sicher grandios, das in eine Rockoper umzusetzen. Ich hätte definitiv Lust darauf. Green Day machten das ja auch, aber ich habe es leider noch nicht gesehen. Momentan diskutieren wir unsere Ideen für das nächste Album, aber wir sind immer noch bei Babyschritten und haben keine klare Vorstellung, wie die Scheibe klingen wird, aber wir stecken bereits die Fühler für einen Produzenten aus und Jake schickte mir schon erste Demo-Ideen. Es ist ein endloser Kreis, sobald ein Album fertig ist, musst du dir schon Gedanken drüber machen, wie das nächste aussehen soll. Manchmal denke ich „Jesus, die verdammte CD ist noch nicht einmal erschienen und schon soll’s weitergehen?!“, aber so läuft’s nun einmal und man darf sich heute keine Pause mehr gönnen, weil man nie weiß, ob die Fans nach einem Jahr Auszeit immer noch da sind.

Hast du den Eindruck, dass eure jüngeren Fans mit der Band mitwachsen oder wo siehst du die Band in zehn Jahren? Glaubst du, dass eure Musik sich zwangsläufig verändern müsste um den Erfolg beizubehalten, oder ist sie zeitlos?
Ich hoffe natürlich, dass wir das ewig machen können, andererseits denke ich, dass Rock langsam ausstirbt. Zumindest in den USA, ich weiß nicht, wie es in Europa aussieht. Aber es wäre ein Traum, wenn die Band es schafft, das jahrzehntelang durchzuziehen und immer noch Fans zu begeistern, aber ich weiß nicht, ob die Plattenindustrie das mitmacht oder irgendwann implodiert. Gerade erst gestern sprachen wir darüber, dass die CD-Verkäufe von allen Bands, die wir privat kennen, mittlerweile in den Keller gesunken sind und zu Zeiten des Internets muss man neue Strategien finden. Deshalb müssen wir uns als Band Gedanken machen, wie wir dennoch ein paar Pennys verdienen, um das weiterhin beruflich machen zu können und den Fans neues Material zu liefern. Merchandise läuft glücklicherweise immer noch gut. Gestern in Berlin bekamen wir einen Ganzkörperscan für eigene Actionfiguren und das war SO cool – wir kriegen echte Actionfiguren von uns selbst! Deshalb hoffe ich, dass ich in zehn Jahren diese Figur in den Händen halten und mich an den Tag zurückerinnern kann, an dem ich für die erste von hoffentlich noch sehr sehr vielen Figuren posiert habe.
Wenn du dich hier und heute tätowieren lassen müsstest, was würdest du dir stechen lassen?
Puuh… zuerst wollte ich eigentlich zusehen, dass ich meinen linken Arm voll kriege, denn der rechts ist es ja schon. Er symbolisiert eine ruhige, friedliche Seite, deshalb wollte ich auf den anderen Arm etwas Wildes, Kriegerisches machen. Wie Gut und Böse, Himmel und Hölle, aber mit abstrakten Bildern. Demnach würde ich vermutlich mit der bösen Seite auf diesem Arm hier loslegen. Ach, ich liebe Tattoos, sie repräsentieren die verschiedenen Stufen deines Lebens und manchmal, wenn ich mich schlecht fühle, schaue ich meine Tattoos an und verstehe, dass auch wieder gute Zeiten kommen werden, so wie in dem Moment, in dem ich dieses und jenes Bild stechen ließ.
Also hast du trotz deiner vielen Tattoos noch keins, das du mittlerweile bereust?
Nein, noch nicht. Da hatte ich echt Glück, denn zu Anfang war ich nicht sehr wählerisch, wenn ich mir heute so meinen Arm anschaue. Aber trotzdem liebe ich die Tattoos noch und ich bin ja auch nicht so übersät damit, wie manch andere Jungs aus der Band. Aber frag mich in ein paar Jahren noch mal und ich jammere dir vielleicht die Ohren voll, welche Stellen ich mittlerweile ganz schrecklich finde (lacht)!

Interview: Anne Catherine Swallow

error: Content is protected !!