Apocalyptica – Der verzweifelte Hilferuf von Franky Perez

APOCALYPTICA  – Shadowmaker Tour 2015
Dienstag, 27.10.2015 – München, Tonhalle
Support: TRACER

Die Cello Virtuosen von Apocalyptica sind ja schon lange kein Geheimtipp mehr und auch einer nicht metallisch angehauchten Fangemeinde mittlerweile bestens bekannt. So verwundert es nicht, dass am Dienstag 27.10.2015 das Publikum der Münchner Tonhalle bunt durcheinander gewürfelt war.

Auffallend viele junge (und auch alte) Chicks drängten in die ersten Reihen um die sexy, langhaarigen Cellisten aus nächster Nähe anzuschmachten. Ein Großteil derer kennt wahrscheinlich nur „Nothing Else Matters“ und hat vielleicht schon mal den Namen  Metallica gehört.  Dass sich ohne Metallica wohl kaum jemand für die fiedelnden Finnen interessieren würde, scheint vielen in der Halle nicht bekannt und wahrscheinlich auch völlig egal zu sein.

Umso gespannter waren wir, wie der Auftritt von Tracer beim Publikum angenommen wurde. Der eher härteren Klängen zugeneigte Fan dürfte seine wahre Freude an dem sympathischen Dreier aus Down-Under gehabt haben, der „Schmachtfraktion“ entgleisten bei den ersten Tönen schon die Gesichtszüge. Tja Mädels – so klingt richtig geiler Stoner-Rock und der „Chris Cornell“  aus dem Känguruland legte sich mächtig ins Zeug. Leider war der Sound nicht optimal und das Set zur kurz. Doch tat dies dem tollen Auftritt keinen Abbruch. Die Songs vom neuen Album „ Water For Thirsty Dogs“ funktionierten live richtig gut und ich denke, der ein oder andere entdeckte die Band für sich, wenn er sie bis dahin noch nicht kannte.  Wer mehr von Tracer sehen und vor allem hören möchte hat im Frühjahr 2016 dazu Gelegenheit, denn dann kommen die drei talentierten Burschen Michael „Chris Cornell“ Brown (Gitarre, Gesang), Jett Heysen Hicks (Bass) und Andre Wise (Schlagzeug) wieder nach Europa, aber diesmal als Headliner. Freunde guter Rockmusik sollten sich Tracer auf keinen Fall entgehen lassen.
Wer noch ein bisschen mehr über die drei Australier wissen möchte, dem kann geholfen werden, denn Michael stand uns kurz vor der Show noch Rede und Antwort.
Nach einer kurzen Umbaupause und einer geballten Ladung Nebel wurde die Beleuchtung gedimmt, das Kreischen wurde lauter und Apocalyptica betraten die Bühne. Sie haben auch nach mittlerweile mehr als zwanzig Jahren nichts von Ihrer Faszination verloren und ich frage mich immer wieder ob die Herren in einen Jungbrunnen gefallen sind, denn an Eicca, Perttu und Paavo scheint die Zeit spurlos vorbei gegangen zu sein. Zum ersten Mal wurde auf dem Album „Shadowmaker“ ein fester Sänger, Franky Perez, verpflichtet und dieser war natürlich auch in München mit dabei. Mit „Reign Of Fear“ eröffneten die Finnen Ihr Set und Franky trat zum ersten Mal bei „I’m Not Jesus“ in Erscheinung und ging mir persönlich mit seinem Gepose ganz schön auf den Zeiger. „Not Strong Enough“ war auch keine Glanzleistung von Ihm, vor allem wenn man das Original von Brent Smith im Ohr hat, doch den Fans schien es gefallen zu haben. Zu meinem Glück trat Mr. Perez nicht so oft in Erscheinung, denn Apocalyptica rocken auch ohne diesen Kasper wie Sau.

Als wir durch einen Seiteneingang kurz die Halle verließen um frische Luft zu atmen, hörten wir ein flehentliches Schreien und unser Blick richtete sich ca. 5m in die Höhe. Dort hockte Franky Perez grinsend auf dem Fenstersims und rief uns zu: „Hallo ich bin Franky Perez“ Wir antworteten: „Ja und?“  Dann schon etwas verzweifelter „Hallo ich bin Franky Perez und habe mich ausgesperrt und muss wieder auf die Bühne…“ Wir riefen dann:  „Nicht springen, wir kümmern uns drum“ und lachten uns halb kaputt. Der Typ musste sich nicht aus dem Fenster stürzen, da wir jemand fanden der Ihn aus seiner Misere befreite. Diese Aktion machte Ihn schon fast wieder sympathisch.

Apocalyptica sind nach wie vor optisch und musikalisch eine Augenweide. Wer die Saitenvirtuosen noch nie live gesehen hat sollte die Gelegenheit nutzen, denn Ihre Shows sind wirklich absolut Sehens- und hörenswert, auch wenn dem einen oder anderen  vielleicht das Gefiedel nach einer gewissen Zeit auf den Sack geht.

Text: Sandra Baumgartl

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